Elternarbeit in Form von Family-Literacy-Cafés

Bei Mulingula lassen sich die Eltern hervorragend über Aktionen in der Herkunftssprache aktivieren, den Lernort ihrer Kinder aufzusuchen und sich selbst zu engagieren. In Form von regelmäßig stattfindenden Elterncafés werden sie nachmittags mit ihren Kindern zu Buchvorstellungen und Lesungen eingeladen. Die Vorleser*innen stellen ausgewählte Kinderbücher für Eltern und Kinder in der Herkunftssprache vor, indem sie ähnlich wie in den Mulingula-Stunden zunächst vorlesen. Die Kinder zeigen ihre Handlungsprodukte aus den Vorlesestunden, wie z. B. ein kleines Theaterstück, einen Gedichtvortrag oder kleine Leseprodukte, wie selbst gemalte Bilder zu wichtigen Szenen oder Steckbriefe zu den Protagonist*innen.

Auch über die Seite www.mulingula-praxis.de lassen sich herkunftssprachliche Buchvorstellungen in digitaler Form, z. B. über einen Beamer, einfach organisieren. Die Eltern erleben solche literarischen Inputs als äußerst wertschätzende Gesten und fühlen sich genauso wie ihre Kinder in ihrer sprachlichen Identität anerkannt und wertgeschätzt. Die Vorlesekraft, die sich in der Herkunftssprache mit den Eltern verständigen kann, stellt über diese Sprachbrücke einen authentischen und entspannten Kontakt her. Der Lernort Schule, der für viele Eltern eine unüberwindliche Hürde darstellen kann, wird deutlich schneller zu einem vertrauten Ort der Begegnung. Sehr viele Eltern erleben gravierende Sprachbarrieren, wenn sie die deutsche Sprache nicht fließend beherrschen. Sie fühlen sich gehemmt, in der Sprache, die sie selbst noch erlernen müssen, Gespräche über die Bildungsentwicklung ihrer Kinder zu führen. So gibt es die Sorge, dass die eigene Spracheinschränkung auf das Kind zurückfallen könnte.

In vielen Herkunftsländern ist eine Mitwirkung von Elternseite gar nicht erwünscht. Auch die eigene schulische Sozialisation hat hier unter Umständen eine Zurückhaltung geprägt, die von Lehrkräften als Desinteresse gewertet wird. Hier können Elterncafés ganz neue gegenseitige Perspektiven eröffnen. Eine Teilnahme der Klassenlehrer*innen baut auf besondere Weise Berührungsängste ab. In den Mulingula-Schulen erleben auch die Lehrkräfte die Eltern ihrer Kinder von einer ganz anderen Seite, nämlich als aufgeschlossen, interessiert und sehr bemüht.

Elterncafé mit Romamüttern, Foto: Krystyna Strozyk

Konsequenz
Family-Literacy-Cafés lassen sich in einem regelmäßigen Rhythmus gestalten. Fremdsprachige Bücher können auch mithilfe der Eltern vorgestellt werden. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist groß. Wer keine muttersprachlichen Vorlesekräfte an seiner Schule hat, kann die Eltern auch am Vormittag für mehrsprachige Leseanlässe, wie Lesungen und Buchprojekte, gewinnen. Über die aktive Mitarbeit einiger Eltern lassen sich auch die anderen Eltern schneller ins Boot holen. Wenn bekannt wird, dass am Nachmittag z. B. eine deutsch/arabische Lesung stattfinden wird, werden sicher viele Eltern, die sich wegen ihrer Sprachbarrieren sonst nicht unbedingt trauen, den Weg in die Schule wagen. Solche relativ leicht zu initiierenden Vorhaben werden zum festen Baustein schulischer Elternarbeit.

© Krystyna Strozyk